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Online-Kurzgeschichten
Lesezeit: etwa 3 Minuten
von
Carolin S.

Eine Woche im Solarium

Geld verdienen, wo die Sonne scheint? Finde ich gut. Vielleicht kriege ich Mitarbeiterrabatt.
450 Euro sind nicht die Welt, aber ich brauche das Geld und ein Anfang wäre gemacht. Wenn ich bald eine Vollzeitstelle finde, könnte ich am Wochenende im Solarium arbeiten. Denn arbeiten will ich viel. Viel Arbeit bringt viel Geld. Und so schwer wird dieser Job schon nicht sein.
Doch die mit eisblauem Kajal umrandeten Augen der Chefin glänzen mich an. Ihr mit rotem Lippenstift geschminkter Mund formuliert spitz: "Das ist nicht mal eben so Bänke wischen. Das ist ein knochenharter Job! Sie müssen eine richtige Einarbeitung machen!"
Was auch immer das bedeuten mag.
"Okay", lenke ich ein, "Sie meinen, dass der Job für mich nichts ist?"
"Ich würde Sie gerne zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Morgen um 15.00 Uhr?"
Zwei Tage später habe ich meinen ersten Arbeitstag. Meine Chefin Diana ist fantastisch. Blond wie die Sonne, ein gesunder, brauner Teint und eine impulsive, herzliche Art, mit der ich den ganzen Tag Kaffee trinken und quatschen könnte. Und das tun wir in dieser Woche nicht zu knapp.
Anschiss bekomme ich auch – Bänke muss man angeblich mit Power wischen. "Wenn der Kunde das sieht!"
Und der Kunde deckt die Sparte uriger Leute aller Alters- und Bräunungs-Stufen ab.
Am Ende der Einarbeitungszeit soll ich kassieren und einen Vertrag verkaufen, alle exklusiven Geräte bedienen und Kosmetikberatung beherrschen – kurz: Den Laden alleine schmeißen können.
Intuitiv habe ich den Gedanken im Kopf: "Hoffentlich komme ich irgendwie drum herum."
Ich will Zeit mit Diana verbringen, aber ehrlich gesagt habe ich keinen Bock, das alles alleine hier zu machen.
Sonntag arbeite ich mit einer Mitarbeiterin namens Pia und glaube, eine neue Freundin in ihr zu finden. Obwohl sie mit ihren dunkelbraunen, langen Locken nicht nur äußerlich einen Kontrast zu mir nordischer Kühle bildet, verstehen wir uns sofort. Musik, Filme, Mode – der Sonntag Nachmittag ist viel zu schnell herum.
Drei Mal darf ich in dieser Woche gebräunt werden und stehe das erste Mal in einer Tanning-Dusche. Eine interessante Erfahrung. Sonnenbrand bleibt trotzdem nicht aus.
Und dann kommt er, DER Job.
"Wir suchen und wir wollen dich!" Diese E-Mail lässt mich Donnerstagabend beinahe gegen die Vier-Meter-hohe Decke in dieser Großstadt-Altbau-Wohnung gehen.
Sonnenstudio wird Geschichte sein, "weil ich wegen meiner intensiven und unregelmäßigen Arbeitstage meines Hauptjobs nicht verbindlich an den Dienstplan halten könnte."
Diana versteht das. Wir müssen das nur der zentralen Leitstelle klar machen.
Und so wird mein Vertrag aufgehoben.
Hier werde ich nie wieder arbeiten. Und trotzdem war es eine sonnige Woche.