Der Schlüssel im Auto
Kopfweh habe ich schon den ganzen Tag, aber eingekauft werden muss trotzdem. Heute mit meinem Vater, denn er hat ein Auto. Gut, dass er fährt. Denn ich bin total fahrig.
"Du kannst schon mal einladen. Ich hol" noch schnell was vom Bäcker." Mit diesen Worten gibt er mir den Autoschlüssel in die Hand und ich hieve die Taschen und Kartons in den Kofferraum. Klappe zu – oh, da war noch was im Einkaufswagen. Klappe auf. Hallo! Klappe auf?!
Wo ist denn der Schlüssel?
Ich wühle in meiner Jackentasche, kann ihn jedoch nicht finden.
O-kay. Hab ich ihn etwa - "Scheiße!" fluche ich laut.
Der Schlüssel muss im Kofferraum sein. Technik kann doch seine Nachteile haben, wenn sich das Auto nach zwei Minuten von selbst abschließt.
"Hab ich jetzt etwa – verdammt! Scheiße! Das glaub" ich jetzt nicht!" Meine Panik denkt nicht einmal dran, sich mit Fluchen zurückzuhalten und lässt den Mann am Auto neben mir ungewollt an meiner Gefühlswelt teilhaben.
"Ist etwas passiert?" erkundigt er sich besorgt.
"Der Schlüssel ist im Kofferraum!"
"Kann ich Ihnen helfen?"
"Ich weiß nicht", antworte ich wahrheitsgemäß, denn ich weiß gerade wirklich nicht, was der nächste Schritt aus dieser Misere sein könnte. Abschleppdienst? Werkstatt anrufen? Wagen knacken?
"Ich brauche den Zweitschlüssel", fällt mir ein, "aber der ist zu Hause."
"Wohnen Sie weit von hier?"
"Fünf Minuten."
"Kommen Sie, ich fahre Sie gerade."
Mein Vater kommt mit seinem Nachmittagskuchen aus der Bäckerei und steigt ebenso dankend in das Auto des freundlichen Mannes.
Herzrasen, Scham, Selbstzerstörungswut. Mein Kopfweh ist perfekt.
"Kann doch jedem mal passieren", versucht der Mann, mich zu beruhigen. Auch mein Vater bleibt gelassen und fragt: "Spielt heute Arminia?"
Keiner weiß die Antwort. Um die Stille weiterhin zu überbrücken, deutet mein Vater auf den Kindersitz neben ihm auf der Rückbank: "Da pass ich aber nicht rein."
Gerade scheint kein Witz zu blöd, um mich aufzulockern.
"Der ist von meine Enkel", erklärt der Mann.
Oh. Als einen Großvater hätte ich den Mann nicht eingeschätzt. Aber ein Gesprächsthema ist gefunden. Er erzählt von seinen Enkeln und erwähnt Namen und Smalltalk-Details.
Ich bedanke mich gefühlte siebzig Mal und möchte ihn entschädigen, aber er winkt dankend ab: "Das hab" ich gern gemacht! Außerdem ist es gut, dass wir wieder zum Supermarkt zurück fahren. Jetzt weiß ich nämlich, was ich vergessen habe."